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Aufstand im Liegen

Ich möchte Bezug zu einer Spiegel Kolumne "Ausschlafen als revolutionärer Akt" von Margarete Stokowski nehmen. Wie ich auf diesen gestoßen bin? Nach zahlreichen Tweets von einem gewissen Bob Blume, welche mit einem Hashtag "Twitterlehrerzimmer" versehen wurden wollte ich wissen was dahinter steckt und bin durch eine Retweet eines Lehrers darauf aufmerksam geworden.


Man könnte denken Frühaufstehen hat eine eigene Lobby in Deutschland- politisch wie auch wirtschaftlich. Anders kann mich mir die Trimmung jeglicher Institutionen wirtschaftlicher, Bildung funktionaler oder wirtschaftlicher Hinsicht auf Frühaufsteher nicht erklären. Immer wieder liest man in Witschafts-, Motivations oder pseudo Gesundheitsmagazinen, welche tollen Vorteile Frühaufstehen hat. In einem Business Insider Artikel wird tatsächlich das Miterlebens des Sonnenaufgangs als Mehrwert des Frühaufstehens aufgelistet. Das möge ästhetisch sein, solange man nicht auf der Sonnen abgewandte Seite des Büros arbeitet. Und seien wir ehrlich: Sonnenuntergänge sind viel schöner zu bewundern.


Woher kommt also der Frühaufsteher Wahn? Da es kein passenden Artikel dazu auf der ersten Seite auf Google dazu gibt ist mir die genaue Herkunft bisher unbekannt. Deshalb fällt mir es noch schwerer die Zelebrierung des gezwungenen Aufstehens für immerhin 75% der Menschen, wenn man Till Rönneberg glauben möchte, zu verstehen. Dennoch lautet paraphrasiert die These in unserer Gesellschaft wer früh aufsteht ist erfolgreicher, disziplinierter, leistungsfähiger und gar gesünder. Letzteres ist leicht zu widerlegen: Wer gegen seine innere Uhr lebt kann aufgrund dessen psychisch und körperliche Schäden davon tragen. Zudem steigt das Risiko bei der Tumorentstehung. Vor diesem Risiko wurde ich in der Schule noch nicht gewarnt- grob fahrlässig. Wer in Mathe aufgepasst hat weiß, dass es ausreicht eine Aussage mit einem Gegenbeispiel zu widerlegen- Ich! Die Zeit wann ich am Leistungsfähigsten bin ist nach Erfahrungswerten zwischen 21 und 23 Uhr. Leider vergolde ich für diese meine Leistung und Konzentration gebündelt auf eine Beschäftigung: Netflix. Warum werden sich jetzt manche fragen? Weil das letzte was ich am Tag mache keine Schulaufgaben sein soll und wenn ich mit den erst um 23 Uhr fertig bin kommt entweder danach mein Schlaf oder mein völlig unnötiger Medienkonsum zu kurz. Sie können raten wie ein gesunder Mensch seine Prioritäten setzen würde- Richtig, mein Schlaf kommt zu kurz! Vielleicht bin ich auch deshalb nicht mehr so ganz gesund. Ein Teufelskreislauf...


Nun werden welche sagen, dass ein Gegenbeispiel nicht reicht um eine gesamte Gesellschaft um eine Stunde zurück zu drehen, am besten jede Nacht. Da ist es sinnvoll sich unterschiedliche Chronotypen anzuschauen. Es wird unterteilt in Lerchen und Eulen. Was was ist sollte wenn sie das nicht um 4 Uhr morgens lesen selbstverständlich sein. Ansonsten Eulen sind Menschen die abends sehr spät müde werden. Dazu brauchen sie, auch wenn sie ausgeschlafen sind, morgens lange um Leistung und Konzentration zur Verfügung bereit zu stellen. Die gesellschaftlich besser Angepassten sind die Lerchen die so ziemlich dem Gegensatz bilden. Allerdings sind nur 40% aller Erwachsenen in diese Gruppe einzuteilen. Der Rest ist keines von beidem und leidet bei ständiger morgendliche Müdigkeit oder Probleme beim Einschlafen womögliche unter chronischen Schlafmangel oder Schlafstörungen.


Bezogen auf die Schule gehören 35% bei repräsentativen Untersuchungen den Eulentum an. Der Rest wird abends von soziale Medien vom schlafen abgehalten. Also man ändert das verhalten von Millionen Jugendlicher oder den Anfang der Schule. Nicht umsonst fordern dies schon seit Jahren Wissenschaftler. Das hängt nicht nur von der Bevorzugung von Eulen zusammen, sondern dass allgemein der Start in den Tag in unserer Gesellschaft durchschnittlich zu früh ist. Unsere innere Uhr steuert mit Hilfe von Hormonen innere Prozesse wie Stoffwechsel aber eben auch unsere Leistungsfähigkeit. Ihr wichtigster Indikator ist das Sonnenlicht, welche nicht wünschenswert durch flackernde Neonröhren im Klassenzimmer ersetzt werden kann. Die Differenz zwischen innere Uhr und äußerer Uhr, also unseren alltäglichen Ablauf beträgt über ein Stunde. Darüber hinaus läuft unsere innere Uhr in einem 25-Stunden-Rythmus.


Frühaufstehen ist also völlig überschätzt und die meisten Vorurteile gehen da mit. Sie sind wenn falsch und oder nur für ein bestimmten Chronotypen zutreffend. Es ist als Zeit Ausschlafen wieder Salonfähig zu machen und ihre Urteile wie Faulheit, Unproduktivität und Undiszipliniertheit zu vernichten. Da versucht wird, wie so oft in unserer Gesellschaft, alle über einem kam zu scheren, anstatt Individuen oder immerhin Personengruppen zu betrachten. In diesem Fall dazu noch über einen falschen Kamm. Es macht auch für die Sicherheit und wirtschaftliche Effizienz Sinn. was bringt mir ein Mitarbeiter, der um sechs auftaucht, aber die ersten zwei Stunden unkonzentriert arbeitet. Flexible Arbeitszeiten oder Home Office würden dem entgegen wirken. das Problem, dass man dann niemanden mehr erreicht ist somit gelöst, dass sich trotz unterschiedlicher Biorythmen es genügend Überschneidung am Mittag bis Nachmittag gibt.


Für einen Protest im Liegen für denn späteren beginn des Alltags in der Diktatur der Uhr, weil es sinnvoll ist nicht nur für einzelne Personengruppen sondern um eine Stunde im Durchschnitt. Denn damit ich in den ersten zwei Stunden in der Schule meine volle Aufmerksamkeit aufbringen kann sind andere Substanzen als Kaffee nötig.



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